Neubau Mehrfamilienhaus
Herrengrabenweg 19, 4054 Basel
Planung und Ausführung : 2000 - 2001
Trinkler Engler Ferrara Architekten
Städtebauliche Ausgangslage
Die Baulücke befindet sich in der Wohnzone 3 in einer Seitenstrasse von Grossbasel-West, nahe des Grünraumes „Allschwilerwald“, aber auch des Stadtzentrums mit Marktplatz, Barfüsserplatz und Schifflände. Auch sämtliche Infrastrukturen wie Parks, Schulen, Spital, Läden und öffentliche Verkehrsmittel befinden sich in unmittelbarer Nähe des Neubaus und des“ äusseren Basler Rings“.Durch die Nähe zu dieser grossen Ringstrasse ist auch die Anbindung an den Basler Zentralbahnhof wie auch dem Flughafen unmittelbar gewährleistet.
Die Baulücke ist beidseitig von zonenkonformen Wohnhäusern begrenzt.
Mit der Realisierung des Neubaus wird die, für das Quartier typische Blockrandstruktur vervollständigt. Das Projekt mit seiner vertikal strukturierten Strassenfassade möchte den durch viele Erker und vorspringenden Balkonen verunklärten Strassenraum beruhigen und mit seiner bandförmigen Struktur zwischen den angrenzenden Bauten vermitteln. Die Hoffassade mit den Balkonen reagiert auf den durch eine Bruchstein-Brandmauer charakterisierten und begrenzten Hofraum.
Baustruktur
Die klare Baustruktur, welche aus Ortbetondecken, Fassadenstützen sowie zwei zur Aussteifung des Gebäudes dienende Sichtbetonkuben besteht, erweist sich als äusserst wirtschaftliche Bauweise. Die Ortbeton-decken sind zu den seitlichen Nachbarnbauten nicht aufgelagert, sondern kragen frei aus. Durch diese Massnahme bildet die Tragstruktur eine Art Tischkonstruktion.
Die beiden in der Mitte des Grundrisses positionierte Sichtbetonkuben generieren räumlich spannende Sichtbezüge durch die ganze Wohnung.
Die Ausnahme bei diesem statischen System bildet das sogenannte Eingangsgeschoss, bei welchem auf den zweiten Betonkubus zugunsten einer grosszügigen Eingangssituation verzichtet wurde. Um die Idee des freien Eingangsgeschoss zu realisieren, wurden die Lasten der oberen Sichtbetonkuben mit einer Abfangdecke in eine seitlich an die Brandmauer angeordnete Betonscheibe und im zweiten Kubus abgeleitet.
Innovativer Grundriss
Die Ablösung der Sichtbetonkuben und der Fassadenstützen von den Brandmauern haben einen innovativen Grundriss generiert. Dieser durch drei Gangzonen und drei Bad- und Duscheeingänge charakterisierte
Grundrisstyp ermöglicht jederzeit, maximal drei autonome Zimmer abzutrennen, welche je sowohl über einen separaten Zimmereingang wie auch über einen getrennten Bad- oder Duscheeingang verfügen.
Dadurch ergeben sich je nach räumlichem Bedarf grosszügige 2 - 4 1/2 Zimmerwohnungen. Die Unterteilbarkeit kann durch das nachträgliche Einziehen von nichttragenden Wänden sowohl auf die bereits genannten Fassadenstützen als auch auf die dafür vorgesehenen Rahmen-verbreiterung der Fenster gewährleistet werden.
Die gegenseitige Verschiebung der mittleren Kuben gliedert die Wohnung im offenen Zustand auf feine Art und Weise in einen Ess- und einen Wohnbereich gegen den Garten und/oder in einem Schlaf- und einem Arbeitsbereich gegen die Strasse.
Strassenfassade
Die mit beweglichen Lamellen strukturierte Strassenfassade führt das Thema der inneren räumlichen Vertikalität konsequent aussen weiter.
Die Funktion dieser fest montierten, beweglichen Lamellen dient neben dem Sonnen- und Einsichtschutz auch als Verdunkelung und Geländer.
Die Halbierung der Geschosshöhen in der Fassade verunklärt absichtlich die dahinterliegende Geschossanzahl und vermittelt mit ihren horizontalen Abschlüssen zwischen den bandartigen Fassaden der Nachbarbauten.
Die Unterteilung der Geschosse ermöglicht zudem, sowohl eine offene wie auch eine geschlossen Brüstung zu realisieren. Mit einer einzigen Massnahme werden mit dieser vorgehängten Lamellenfassade sämtliche Funktionen ermöglicht.
Diese Fassade wirkt wie ein abstraktes Bild, welches die dahinterliegende Nutzung nicht direkt abbildet. Zudem verleiht die Öffnungsart der Lamellen durch die jeweiligen Besitzer und Besitzerinnendem Neubau ein sich stets änderndes äusseres Aussehen, so dass die Fassade immer anders in Erscheinung tritt.
Hoffassade
Die Hoffassade ist durch auskragende Balkone, anthrazit eingefärbten Geländern und aussen geführten Stoffbahnen charakterisiert. Die nach aussen öffenbaren geschosshohen Fenster bringen den dahinter-liegenden Wohnräumen eine optische wie auch räumliche Vergrösserung.
Die nach aussen verlegten Stoffbahnen gewähren den einzelnen Wohnungen gegenüber den Balkonen der Nachbarbauten auch die notwendige Intimität. Auch auf der Hofseite des Neubaus bestimmt die Benutzung der Eigentümerschaft das äussere Erscheinungsbild der Fassade.
Die Materialien des Innenausbaus mit weisslasierten Sichtbetondecken, farbloslasierten Sichtbetonkuben,dunklem Naturschiefer und weiss ge-bürsteten Wänden übersetzen das bauliche Konzept in eine zurück-haltende visuelle Gestaltung. Die Innenräume leben vom spannenden Kontrast von lasierten Holzfenster- und Türfronten und der reduzierten Handhabung der übrigen Materialien.